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Studie weckt Hoffnung auf Anti-Krebs-Pille

4. August 2023

Los Angeles – Eine neues Medikament gegen Krebs zeigt vielversprechende Wirkung: In einer präklinischen Studie zerstörte die Wunder-Pille mit dem kryptischen Namen „AOH1996“ über 70 Krebsarten. Das Medikament befindet sich mittlerweile in der Phase-1-Studie am Menschen

Der Erfolg der Pille in der frühen Studienphase weckt Hoffnungen auf einen Durchbruch in der Krebstherapie. Das Medikament befindet sich seit 20 Jahren in der Entwicklung und greift bei der Behandlung ein Protein an, das für eine gezielte Therapie von Krebs mit den bekannten Methoden bislang nicht in Frage.

Das betreffende Protein ist ein sogenanntes „Proliferating Cell Nuclear Antigen (PCNA)“, ein Ringklemmenprotein, dass sich bei der Zellreproduktion um die DNA legt. Genau das geschieht auch, wenn entartete Zellen, also Krebszellen und deren Tumore wachsen und sich vermehren. Bei entarteten Zellen jedoch liege das PCNA in einer veränderten Variante vor. Und diesen Unterschied machten sich die Forschenden zunutze.

Denn wie bei den meisten Krebstherapien besteht die Schwierigkeit für eine Behandlung darin, dass die einzelnen Krebszellen selbst mutieren und schließlich resistent werden können, so Linda Malkas, Professorin für molekulare Onkologie bei City of Hope, eine der größten Organisationen für Krebsforschung in den USA, die ihre Studienergebnisse am 1.8. veröffentlichten. Das PCNA jedoch sei „wie ein großes Flughafenterminal, das mehrere Flugsteige enthält. (…) Unsere Anti-Krebs-Pille ist wie ein Schneesturm, der ein wichtiges Drehkreuz einer Fluggesellschaft schließt und alle Flüge unterbricht – für Flugzeuge mit Krebszellen“, sagte Malkas, die Hauptautorin der Studie.

Pille zerstöre Krebszellen „ohne toxisch zu wirken“

Bei dem Wirkstoff „handelt es sich um eine Substanz, die versucht, an einem neuen Punkt anzugreifen, um dem unkontrollierten Wachstum von Krebszellen Einhalt zu gebieten“, erklärt der Allgemeinmediziner Christoph Specht gegenüber RTL. Bei Krebs lege sich ein Eiweiß um die Gene entarteter Zellen, die sich dann hemmungslos vermehren. Die Hoffnung sei nun, genau dieses Eiweiß mit Hilfe des neuen Medikaments davon abhalten zu können, sich um die Zellen zu legen.

Dass die Forschenden nicht mehr nur im Reagenzglas, sondern auch mit Tierzellen erste Erfolge sehen, sei „ein wichtiger Schritt in Richtung Entwicklung einer Pille gegen Krebs“, so Specht weiter. „Die Pille scheint fast alle Tumore zu zerstören.“ Das Medikament befindet sich derzeit in einer klinischen Phase-1-Studie am Menschen bei City of Hope. In der präklinischen Forschung hat es sich für insgesamt mehr als 70 Krebszelllinien bei der Behandlung von Brust-, Prostata-, Gehirn-, Eierstock-, Gebärmutterhals-, Haut– und Lungenkrebs als wirksam erwiesen.

Von einem Durchbruch zu sprechen, sei trotz allem verfrüht. Davon seien die Daten weit entfernt, wie ein Experte des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) auf Anfrage von FOCUS online (4.8.23) mitteilt. Nikolaus Gunkel ist Leiter der DKFZ-Arbeitsgruppe Wirkstoffforschung und urteilt: „Grundsätzlich ist große Vorsicht geboten, wenn man präklinische Daten verwendet, um die Erfolgschancen in der Klinik vorherzusagen. Ein Grund hierfür liegt in den Unterschieden zwischen Tumorwachstum in Zellkultur oder Mausmodellen einerseits und den Wachstumsbedingungen eines Tumors im Patienten andererseits.“ Gunkel teilt daher den Optimismus nicht. Er erklärt:

„Die Autoren der Studie freuen sich darüber eine ausgeprägte Selektivität für Krebszellen gefunden zu haben, sodass normale Zellen nicht beeinträchtigt werden. Die Daten geben das eindeutig nicht her.“ Abgesehen davon sei ein solcher Vergleich von Krebszellen und Normalzellen grundsätzlich wenig aussagekräftig, da er absolut künstlich sei.

Bei genauerem Hinsehen blieben aus 70 denn auch nur neun Krebsarten. „Die Substanz wurde in 70 Zelllinien getestet, die neun verschiedene Krebsarten repräsentieren“, führt Gunkel aus. „Hier zeigt sich innerhalb jeder Krebsart eine sehr heterogene Reaktion auf die Behandlung.“ Übersetze man das in eine Vorhersage zur klinischen Wirksamkeit, bedeute das, dass nicht alle Krebsarten oder Patienten gut ansprechen werden. Die Krebsart, die besonders gut behandelt werden kann, sei noch nicht gefunden worden.

(nach: merkur.de, focus-online.de und andere Medien vom 4.8.23)

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